Was uns verbindet, ist Gott.

Ich suche nach Worten. Früher war ich mal wütend auf die Menschen, die man als fundamentalistisch, rechtsevangelikal oder sonstiges bezeichnet. Aber ehrlich gesagt, ich bin nicht mehr wütend. Ehrlich gesagt, habe ich Angst. Ich habe Angst, dass ausgerechnet Menschen, die sich auf denselben Gott berufen, wie ich, unsere Gesellschaft umgestalten. Ich habe Angst, dass unter dem Deckmantel der Liebe, das, was Jesus das „Leben in Fülle“ nennt, erstickt wird. Gestern erst sagte eine Professorin von mir, dass die Christ*innen es sich mit „der Liebe“ zu einfach gemacht haben. Da wird von Liebe gesprochen und im nächsten Satz Menschen das Leben abgesprochen. Da wird von Liebe gesprochen und gleichzeitig Gottes bunte und vielfältige Schöpfung geleugnet.

Und ich habe so oft den Impuls, auch radikal zu werden. Ich habe den Impuls, auch einfache Antworten auf komplexe Fragen zu suggerieren. Ich könnte auch einfach sagen, dass Jana und Jasmin dumm sind, genau wie Jana es über mich gesagt hat. Aber immer wieder besinne ich mich: ich will so nicht sein. Ich will das Spiel nicht mitspielen. Und vor allem: ich bin sicher, Gott will das nicht von mir. Jana will „Klarheit in einer Welt der Verwirrung“. Ich will Verwirrung aushalten. Ich will mich nicht in das Einfache flüchten. Ich will Gott ernst nehmen. Und ich weiß nach Jahren des Theologiestudiums nicht viel, aber eines weiß ich: Gott ist immer Geheimnis. Gott ist immer größer. Ich will demütig sein vor dieser Größe Gottes. Jeden Tag will ich mich überraschen lassen, was er in mir und in anderen tut. Jeden Tag will ich staunen können darüber, wie kreativ er Menschen heilt und befreit.
In den Augen derer, über die ich hier schreibe, bin ich keine Christin. Und wieder habe ich den Impuls, ihnen ebenso das Christsein abzusprechen, Gründe gäbe es genug. Aber wieder: ich will so nicht sein. Ich will etwas Verbindendes suchen. Deshalb hoffe ich: Wer uns verbindet, ist Gott. Aber was uns trennt, ist, dass einige glauben, ihn gefunden zu haben, während andere aushalten, ihn ein Leben lang zu suchen.

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